In meinem vorherigen Beitrag habe ich kurz den Hsinchu Science Park in Taiwan, auch bekannt als das Silicon Valley Asiens, angesprochen. Hier befinden sich neben den größten Chip-Herstellern der Welt wie TSMC, UMC und MediaTek noch rund 400 weitere High-Tech-Unternehmen. Das Gebiet erstreckt sich über 1.400 Hektar und wurde 1980 von der taiwanischen Regierung gegründet.
Man könnte annehmen, dass meine Firma, die Spezialmaschinen für die Halbleiterherstellung baut, über eine große Produktionshalle verfügt. Bevor ich hierherkam, dachte ich auch, dass es mindestens eine Produktionshalle und einige Bürogebäude gibt, ähnlich wie in Deutschland. Als ich jedoch an meinem ersten Arbeitstag den 7. Stock eines 8-stöckigen Bürogebäudes betrat, war ich doch sehr überrascht. Es gibt ein Großraumbüro, kleine Meeting-Kabinen, die man über Teams buchen kann, und einige Einzelbüros für die Geschäftsführer und Manager. Im hinteren Teil des Büros befinden sich die Logistikabteilung und der Reinraum. Ein Reinraum ist ein speziell konstruierter Raum, der darauf ausgelegt ist, die Menge an Verunreinigungen wie Staub, Mikroorganismen und chemischen Dämpfen auf einem sehr niedrigen Niveau zu halten. Diese Räume werden dort verwendet, wo selbst kleinste Verunreinigungen die Qualität und Funktionalität der Produkte beeinträchtigen können. Die fertigen Maschinen werden mit dem Aufzug nach unten transportiert oder, im schlimmsten Fall, wenn die Maschine zu groß ist, mit einem Kran herausgehoben.
Mein Team besteht aus sechs Personen. Die Zusammenarbeit ist entspannt und das Verhältnis zu unserer Managerin ist sehr eng und freundschaftlich, jedoch immer respektvoll und mit der nötigen Autorität. Alle vier Wochen gibt es ein Team-Building-Dinner oder -Lunch. Beim letzten Team-Building unternahmen wir einen Tagesausflug nach Juifen, eine kleine Altstadt im japanischen Stil, und ließen Wunschlaternen aufsteigen.
Das Arbeiten in einem Großraumbüro hört sich zunächst stressig und laut an, ist es aber tatsächlich nicht. Vielleicht liegt das daran, dass die Leute hier ziemlich leise sind. Die Atmosphäre im Büro ist im Allgemeinen sehr entspannt und kollegial. Die Leute hier sind alle sehr freundlich, glücklich und fleißig. Die Geschäftsführer, einer für den operativen Bereich und einer für den geschäftlichen Bereich, sind sehr nett und aufmerksam. Es ist sogar erlaubt, im Büro Sandalen und Hausschuhe zu tragen (leider nicht für mein Team). In der Mittagspause isst so gut wie jeder mit seiner Gruppe und geht in die Stadt in ein Restaurant oder in die große Cafeteria im Gebäude. Es gibt hier auch ein Lieferservice-System namens Mango-Tree für den Science Park. Man bestellt sein Essen vor und bekommt dann eine Brunch-Box, Lunch-Box oder Dinner-Box geliefert, die man per Monatsabrechnung bezahlt. Die Auswahl an Restaurants variiert täglich – einfach genial und praktisch.
Die Mittagspause hier beträgt eine Stunde. Eine halbe Stunde wird gegessen, die andere halbe Stunde wird geschlafen. In den Grundschulen lernen die Kinder, in den Pausen einen halbstündigen Nap zu machen. Hier im Büro wird dann das Licht ausgeschaltet und die Leute schlafen. Die Mentalität „Feierabend – ich gehe nach Hause und habe nichts mehr mit der Arbeit zu tun“ ist hier nicht verbreitet. Es werden freiwillig Überstunden gemacht, und selbst nach der Arbeit wird oft noch telefoniert und weitergearbeitet. Die Mitarbeiter hier sind sehr karriereorientiert und legen großen Wert auf Fleiß und Engagement. Lazy Potatoes kommen hier nicht weit.