Die Zeit im Auslandssemester hat zweifellos einen völlig anderen Rhythmus. Bereits seit zwei Monaten sind wir nun hier in Bangkok, Thailand, unserem vorübergehenden Zuhause.
In dieser, vergleichsweise kurzen, Zeit haben wir mehr erlebt, gesehen und gelernt, als es normalerweise in einem ganzen Jahr der Fall wäre. Abgesehen von unseren Kursen in der Uni, die uns neue, auf unser Studium zugeschnittene Inhalte vermitteln, haben wir unzählige neue Erkenntnisse über die Kultur, die Menschen und das Land Thailand gewonnen.
Besonders spannend ist unser Kurs “Thai-Kultur”, der uns die Möglichkeit bietet, die Kultur hautnah zu erleben. Dort haben wir nicht nur unsere ersten Wörter in Thai gelernt, sondern auch einige Schritte des traditionellen thailändischen Tanzes ausprobiert und uns in die Comic-Kultur Thailands vertieft. Bangkok selbst, und das Gefühl, das diese Stadt vermittelt, haben uns komplett überwältigt und in ihren Bann gezogen. Die Stadt scheint einen aus dem Staunen nicht mehr herauszulassen. Die faszinierende Architektur im Einklang mit der Natur und vor allem das vielfältige Essen haben einen besonderen Eindruck bei uns hinterlassen.
Sollte jedoch einmal der Wunsch aufkommen, dem Trubel der Großstadt zu entkommen, bietet Bangkok die ideale Ausgangslage, um an Wochenenden dem städtischen Treiben für ein paar Tage zu entfliehen und Ausflüge zu den zahlreichen umliegenden Orten und Inseln zu unternehmen. Bislang haben wir bereits zwei Wochenendtrips nach Phuket und Krabi gemacht. Dabei kann man seine Freizeit in vollen Zügen wie im Urlaub genießen und ehrlich gesagt lernt es sich mit den Füßen im Sand deutlich angenehmer.
Überall, wo wir auf unserer Reise bisher angekommen sind, wurden wir mit offenen Armen empfangen. Doch selbst wenn man Bangkok nicht verlässt, gibt es in der Stadt selbst zahlreiche interessante Ecken zu entdecken. Ein besonders beeindruckendes Erlebnis war unser Ausflug mit der Universität in die historische Stadt Ayutthaya, die bereits im Jahr 1350 gegründet wurde und deren Ruinen bis heute bestehen.
Neben all den faszinierenden Eindrücken, die wir täglich sammeln, hat sich auch langsam der Alltag eingeschlichen. Das alltägliche Leben, wie wir es kennen, existiert hier ebenfalls, jedoch in einer Bangkok-Version. Aber wie fühlt sich eigentlich ein typischer Tag in Bangkok an?
Mit dem Schritt über die Türschwelle verändert sich schlagartig das Klima. Von kühl und frisch zu feucht, drückend und heiß. Auch der Geräuschpegel, der zuvor von der Klimaanlage dominiert wurde, schießt in die Höhe. Das brummende Anfahrgeräusch von Rollern, Menschen, die sich lautstark auf einer fremden Sprache unterhalten und das Klingeln, das jedes Mal ertönt, sobald sich die Schiebetür des gegenüberliegenden 7 Elevens öffnet.
Es ist 9:07 Uhr morgens an einem Freitag. Wir liegen also bestens in der Zeit, um es noch pünktlich zu unserem Thai Kultur Kurs zu schaffen. Wir gehen, wie jeden Morgen, durch den Park der Universität, wo sich um diese Uhrzeit eine Handvoll Menschen tummeln, die den „kühlen“ Morgen nutzen, um Sport zu machen. Der Park ist nicht besonders groß. Man kann ihm ziemlich leicht ansehen, dass er dort vor einigen Jahren von Menschenhand hingepflanzt wurde, wobei fein säuberlich darauf geachtet wurde, dass jedes Büschelchen Gras seinen korrekten Platz in einem Raster hat.
Das Erste, was wir sehe als wir den Klassenraum betrete ist unser Professor, wie er mit Süßigkeiten rumhantiert und von Tisch zu Tisch läut um den Schülerinnen und Schülern, die schon früher gekommen sind, etwas anzubieten. „Thai Food“ steht auf der Leinwand, auf der seine PowerPoint Präsentation leuchtet. Er ist wie jeden Morgen gut gelaunt und wirkt wie frisch aus einem Eisbad. Mit einem breit grinsenden „Moi Moi!“, seine Interpretation von der norddeutschen Begrüßung, die Levin ihm letzte Woche beigebracht hat, heißt er uns willkommen. Der Unterricht vergeht wie im Flug. Nachdem unser Prof uns mit den Worten „Life is Beautiful“ verabschiedet, steigen wir in den Fahrstuhl und fahren in Richtung Mittagessen.
Die Mensa der Communication Arts Fakultät an der Chula ist jeden Tag eine Erleichterung und eine kleine Herausforderung. Fünf kleine Läden erstrecken sich an der Längsseite des mit Studentinnen und Studenten gefühlten Raums. Hier ist es warm, aber nicht zu warm. Jeder der fünf stände hat über der Theke 15-25 Bilder von Gerichten mit dem Thailändischen Namen darunter. Zum Bestellen muss man entweder Glück haben, dass die Verkäuferin ein wenig gebrochenes Englisch spricht, oder man holt sich Hilfe von den thailändischen Studierenden. Wir holen uns Reis mit verschiedenem Gemüse von einem der Läden. 60 Baht, umgerechnet ca. 1,50 Euro. Beim Essen sind wir in Gedanken beim Wochenende, für das wir bereits einen weiteren Ausflug planen.
Nach dem Tag in der Uni spazieren wir geschafft nach Hause. Die Luft ist warm und die Blätter rascheln. Mit einem Blick in den Himmel ist klar, es wird demnächst regnen. Es ist gerade Regenzeit in Thailand. Das ist etwas anderes als der Regen, den wir in Köln manchmal haben. Wenn es in Bangkok regnet, dann regnet es vermutlich 2-6 Stunden am Stück. Wir machen also größere Schritte, um es noch trocken nach Hause zu schaffen. 20 Minuten später sitzen wir erschöpft, aber trocken in unserem Wohnzimmer.
Später am Abend sind wir mit Freunden zum Essen in unserem Lieblingsrestaurant verabredet. Das Restaurant trägt den Namen Mama Mia und serviert entgegen den Erwartungen keine italienische Anti Pasti, sondern traditionelles thailändisches Street Food. Einer der vielen Kellner begrüßt uns und weist uns zu einem Tisch für fünf. Die Atmosphäre ist belebt und wuselig. Während wir auf unser Essen warten, reden wir über die Zeit, die wir bisher in Bangkok hatten und wie sehr wir uns an diese schnelle und laute Stadt gewöhnt haben. Nach zwei Monaten hier hat die Stimmung allmählich von „Heimweh und Tage zählen“ zu „die Zeit rast viel zu schnell“ gewechselt.